Distrohopping: Kubuntu
In der letzten Zeit habe ich meine GNU/Linux-Distribution häufig gewechselt, bin von Debian aus zu vielen anderen Systemen gesprungen, nicht weil ich mit Debian ein Problem gehabt hätte, nein, weil mich andere Distributionen auch gereizt haben. Doch mit der Zeit hat sich dieses Interesse zu einem gewissen Druck entwickelt, den ich eigentlich vermeiden wollte: Freie Software ist mein Hobby und nimmt einen Großteil meiner Freizeit ein, und das finde ich gut.
Es ist und bleibt für mich spannend, die Entwicklungen der verschiedenen Distributionen verfolgen und ferner auch kommentieren zu dürfen, es macht mir großen Spaß, neue oder für mich unbekannte, freie Anwendungen ausprobieren und langfristig nutzen zu dürfen. Trotzdem brauche ich erst einmal eine gewisse Pause vom ständigen Distributionswechsel.
Ich möchte mich in der nächsten Zeit auch auf meine Texte konzentrieren und dabei auf eine Distribution zählen können, die mir nicht unter den Füßen wegbricht, relativ aktuelle Software nutzt und ausliefert und gleichzeitig wenig Wartungsaufwand liefert. Es bleiben immer Schwierigkeiten, die über Kompromisse möglichst gut eingegrenzt werden wollen – nicht, weil irgendeine Distribution besonders „schlecht“ wäre, nein, weil sich Anwendungsfälle natürlicherweise voneinander unterscheiden:
Für mich beispielsweise dürfen gerade die grundlegenden Anwendungen einer Arbeitsumgebung keine Fehler bereiten. LibreOffice, Firefox, ein E-Mail-Programm (momentan Thunderbird) und eine Notizverwaltung (momentan CherryTree) sind etwa die Programme, auf die ich tagtäglich zählen können möchte und muss. Eine Arbeitsumgebung sollte dabei nicht zu abstrakt, nicht zu spartanisch und gleichzeitig nicht zu überladen und abgedreht sein: Meine Favoriten sind in dieser Hinsicht KDE und Xfce. Aber für welche Distribution habe ich mich nun entschieden? Warum ist das nicht mehr Debian?
Die erste Frage lässt sich leicht und schnell beantworten: Aktuell sitze ich vor Kubuntu 22.04, der aktuellen und tatsächlich nicht wirklich veralteten LTS-Version von Ubuntu, die den KDE-Desktop nutzt und wunderbar integriert ausliefert. In letzter Zeit hatte ich Lust, KDE zu nutzen, und Kubuntu zu installieren war in der Hinsicht wirklich die richtige Entscheidung, hat diese Installation doch meine Liebe zu KDE ein gutes Stück angefacht: KDE ist wunderbar vollständig, die LTS-Version 5.24 trifft genau meinen Geschmack. Ich habe das Gefühl, dass all die Funktionen, die ich mir je wünschen könnte, ganz natürlich in KDE enthalten sind – und nein, diese Oberfläche ist mir nicht zu unübersichtlich. Ich versuche nicht, KDE voll und ganz umzugestalten, eine andere Oberfläche nachzubauen oder einen exotischen „Workflow“ durchzusetzen.
Ich nutze KDE mehr oder weniger, wie es aus der Tüte gefallen ist, natürlich mit ein paar kleineren Anpassungen, die sich allerdings im und am Gesamtkonzept von Plasma orientieren, das heißt im Konkreten: Angepinnte Favoriten und Schnellstarter, ein paar Konfigurationen in Dolphin und einige nachinstallierte Anwendungen, fertig. Plasma kommt mir persönlich sehr durchdacht vor, sowohl, was die Funktionalität angeht, als auch die Aufmachung in Handhabung und Erscheinungsbild. Als Xfce-Nutzer habe ich einige Zeit gebraucht, mich in KDE einzuarbeiten, doch jetzt, nachdem ich in den vergangenen Wochen immer wieder mit dieser grafischen Oberfläche herumgespielt habe, kommt mir KDE mindestens ebenso vertraut vor, wie Xfce, scheint mir dabei aber etwas vollständiger. Ich mag Xfce, ich mag KDE, trotzdem glaube ich, dass ich in der nächsten Zeit erst einmal bei letzterem bleiben werde.
Ja, ich habe Debian Stable mit KDE ausprobiert, ja ich finde die Distribution wirklich gut. Leider kommt es bei meiner Hardware und Bullseye-KDE zu ein paar Problemen, etwa bei der Sitzungsverwaltung. Sicherlich könnte ich diese Probleme in der nächsten Zeit angehen, bei einigen Dingen habe ich bereits Lösungen oder zumindest Umgehungsmöglichkeiten gefunden, und doch ist mir aufgefallen, dass Kubuntu LTS momentan einfach eine besser integrierte Plasma-Umgebung bietet. Ich bin allerdings sehr gespannt, was die Bookworm-Zukunft, kurz Debian 12, bringt. Momentan ist der Plan, Kubuntu mindestens bis zum Erscheinen von Bookworm auf der Platte zu belassen, das System läuft einfach sehr gut. Ich vermute aber, dass ich mich spätestens am Veröffentlichungstag nicht mehr zurückhalten können werde, Debian als eine meiner absoluten Lieblingsdistributionen wieder auf die Platte zu lassen.
Kubuntu jedenfalls arbeitet wirklich zauberhaft. Eigentlich sind mir so gut wie keine Probleme aufgefallen, jedenfalls erinnere ich mich momentan an keine wirklichen Fehler. Ich finde es schade, dass Firefox nur noch als Snap-Paket angeboten wird. Die Zentralisierung des Snap-Repos in den Händen von Canonical halte ich für ausgesprochen unschön, wobei Snapd an sich freie Software ist und bleibt. Eine unfassbare Scheußlichkeit ist diese zentrale Paketquelle aber nicht zwingend, da zumindest bei *Ubuntu auch die regulären Paketquellen von Canonical verwaltet werden. Außerdem gründet die Verteilung vom Firefox-Snap maßgeblich auf dem proaktiven Handeln von Mozilla, das Firefox-Snap-Paket wird nicht vom Canonical gebaut, sondern kommt direkt von den Entwicklern, was diesem eine gewisse Legitimität zu geben scheint. Nicht zuletzt, da sich die technischen Aspekte rund um Snap in letzter Zeit wirklich gebessert haben, bin ich (vorerst) bereit, das Firefox-Snap-Paket zu nutzen, meide dieses Paketformat aber ansonsten.
Meine Hauptargument gegen Snap ist die moralische Frage, warum Canonical nicht mehrere Snap-Repositories zulassen könnte. Ich hoffe dahingehend, das sich in der Zukunft vielleicht doch noch etwas tut. Snap ist mittlerweile zumindest auf der Ubuntu-Plattform etabliert, ich denke nicht, dass sich das in Zukunft ändert, auch eine vollständige Absage des Projekts durch Canonical halte ich für unwahrscheinlich, zu groß scheint der Erfolg zu sein, den das wirklich unfassbar große Snap-Repo mittlerweile hat.
Eine „Befreiung“ der Snap-Store-Plattform halte ich dahingehend für wahrscheinlicher und ehrlich gesagt auch für wünschenswerter. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass sich Snap keinesfalls vor Flatpak verstecken müsste, im Gegenteil: Aspekte wie die Isolierung der jeweiligen Anwendungen scheinen bei Snap besser umgesetzt worden zu sein, als bei Flatpak, das schnell zu einer Sicherheitslücke werden kann, immerhin haben viele Flatpak-Anwendungen regulären Schreibzugriff auf das home-Verzeichnis und werden durch die Plattform nicht automatisch aktualisiert, siehe dazu Flatkill.org.
Ich selbst bin überrascht, wie gut mir Kubuntu gefällt, wie gut die Distribution läuft und denke, dass ich sie für einige Monate nutzen werde – vermutlich etwa sechs Monate, immerhin läuft ja gerade der Bookworm-Freeze, der im Sommer abgeschlossen werden dürfte. Dann kehre ich höchstwahrscheinlich wieder zu meinem geliebten Debian zurück, bis dahin bleibe ich wohl vorerst beim Tochtersystem Kubuntu.
Dieser Text von Fabian Schaar ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.