StarTrek Tagebuch, 30. Eintrag TNG S02F05 (Loud as a Whisper) SpoilerAlert

Eine Folge der etwas anderen Art und eine herausragende Gastrolle von Howie Seago, der mir leider noch nirgendwo anders begegnet ist. Die Enterprise spielt mal wieder galaktische Postkutsche und soll einen berühmten Diplomaten und Friedensvermittler abholen, um einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg auf dem Planeten Solais V beizulegen. Der Unterhändler Riva ist unter anderem deswegen berühmt, weil er die Friedensverhandlungen zwischen der Föderation und dem Klingonischen Imperium begleitet hat. Grund genug für Worf, Vorbehalte gegen ihn zu haben.

Als Picard, Troi und Worf ihn von seinem Heimatplaneten Ramatis III abholen, stellt sich heraus, dass Riva selbst gehörlos ist und durch einen sog. “Chor” bestehend aus drei “Aspekten” kommuniziert. Diese drei Personen können Rivas Gedanken lesen und ihm die Äußerungen und auch das Verhalten seines Gegenübers abhängig von ihrem jeweiligen Aspekt widerspiegeln.

Die drei Aspekte sind dabei: der Gelehrte, zuständig für Logik und Rationalität, der Romantiker, welcher Libido (🧐), Leidenschaft und Kriegertum widerspiegelt und schließlich den (weiblichen) Aspekt der Harmonie, der für Ausgleich und Gelassenheit sorgen soll. Diese einzigartige Art und Weise der Kommunikation ermöglicht es Riva viele verschiedene Sichtweisen und Verhaltensweisen wahrzunehmen und zu verstehen. Etwas, dass bei Verhandlungen mit grundverschiedenen Spezies und deren Kultur wohl höchst hilfreich ist. Riva hat sogleich ein Auge auf Troi geworfen, die ja auch eine besondere kommunikative Fähigkeit hat.

Auf der Enterprise spricht er auch La Forge auf seine Blindheit an und ist von seinem Visor fasziniert.

Das führt mich direkt zu meinem Thema für ein

Speaking of: Behinderung in Star Trek und Science Fiction generell.

Wenn Menschen mit Behinderung in Science Fiction auftauchen, kann man sich fast sicher sein, dass diese entweder durch irgendeine technische Errungenschaft ausgeglichen wird oder mit einer besonderen Eigenschaft oder Kraft zusammenhängt. Sie ist kaum einfach nur “grundlos” da, sondern dient entweder dem Plot oder der Charakterentwicklung.

So ist z.B. Charles Xaviers Behinderung in den neueren X-Men Filmen Voraussetzung für seine mentalen Kräfte.

Sie wäre zwar heilbar, dafür müsste er allerdings auf seine Kräfte verzichten. Ähnlich verhält es sich mit Geordi La Forges Visor. In dieser Folge wird auch von Dr. Pulaski angesprochen, dass es mittlerweile ein Verfahren gibt, mit dem er “normal” sehen könnte.

Doch Geordi bleibt vorerst bei seiner erweiterten Sicht mit dem Visor, auch wenn ihm das chronische Schmerzen verursacht. Star Wars bietet auch einige Beispiele, wo Anakins verlorene Hand durch eine gleichwertige Prothese ersetzt wird oder Chirrut Îmwe aus Rouge One, der zwar blind ist, sich aber mithilfe der Macht orientieren und sogar kämpfen kann.

Auch wenn diese Rollen wahrscheinlich inklusiv gedacht sind, ist es doch problematisch, dass dieser angesprochene “Ausgleich” immer dabei sein muss.

Hier zieht der Nützlichkeitsgedanke: “ErSie ist hat zwar diese und jene Behinderung, dafür kann ersie aber XY, was ihn*sie nützlich macht”. Rollen von behinderten Personen ohne diesen Ausgleich sind mir leider in der SF bisher nicht begegnet. Vielleicht wisst ihr ja mehr?

Eine weitere furchtbare, aber oft genutzte Variante, Behinderung in eine Story einzubauen, ist, um einen Antagonisten zu kennzeichnen. Wenn z.B. Missbildungen oder Verstümmelungen als Marker für einen Bösewicht gelten, frei nach: “Der sieht schon so komisch aus, der muss böse sein!”

Zur Folge:

Riva ist offensichtlich sehr von seinem Verhandlungsgeschick überzeugt und verbringt den Flug vor allem damit, mit Troi beim Dinner zu flirten, als mit der strategischen Besprechung.

Bei Solais V angekommen, läuft das erste Treffen mit den Delegationen alles andere als ideal. Einer der Solaisianer ist offenbar wenig an Frieden interessiert und feuert auf Riva, welcher von Riker zu Boden geworfen und damit gerettet wird. Allerdings trifft der Schuss damit Rivas Chor, der komplett vaporisiert wird. Der abtrünnige Schütze wird von seinem Generalniedergestreckt und die Crew beamt zusammen mit Riva schleunigst zurück auf die Enterprise.

Riva ist nun aufgeschmissen und verzweifelt. Troi versucht, seine gebärdenden Aussagen zu verstehen, scheitert aber. Picard weist daraufhin Data an, sich verschiedene Gebärdensprachen anzueignen, was er natürlich extrem schnell bewerkstelligt. Riva gibt sich selbst die Schuld an dem, was passiert ist und weigert sich, die Verhandlungen fortzusetzen, selbst als die Solaisianer darum bitten. Troi soll stattdessen seinen Platz einnehmen.

Als diese vorgibt, sich von Riva ein letztes Mal beraten lassen zu wollen, überzeugt sie ihn schließlich doch davon, dass er der einzige ist, der die Verhandlungen erfolgreich abschließen kann. Sie bringen schließlich zurück auf die Planetenoberfläche und lassen ihn dort zurück.

Rivas Absicht ist es, den Solaisianern seine Gebärdensprache beizubringen, damit sie, indem sie über längere Zeit gemeinsam die Kommunikation mit ihm lernen, auch lernen untereinander zu kommunizieren. 🖖