Neuere Freebie-Sims – im Grunde fast alle austauschbar

Wer aufmerksam OpenSimWorld beobachtet, wird auch die immer wieder neuen Freebie-Sims bemerken, die da auftauchen. Und wer sich diese neuen Freebie-Sims ansieht, wird in den meisten Fällen – wobei es Ausnahmen gibt, aber das sind Ausnahmen – eins feststellen:

Diese Sims enthalten beinahe alle denselben Kram.

Und geschätzte 99% davon sind aus Second Life geklaut.

Warum ist das so? Warum sieht man auf Freebie-Sims nicht mehr Sachen, die in OpenSim für OpenSim gemacht wurden? Am besten noch solche, die auch noch ganz offiziell unter freie Lizenzen gestellt wurden?

Dafür gibt es eine ganze Anzahl an Gründen:

Erstens: Neue heiße Freebie-Sims klauen nur bei gleichermaßen neuen heißen Freebie-Sims

Wer unbedingt seine eigene Freebie-Sim, aber kein eigenständiges Konzept, sondern statt dessen einfach nur möglichst viel Erfolg mit möglichst geringem Aufwand haben will, klaut das Konzept von anderen Freebie-Sims. Und den ganzen Inhalt gleich mit. Dabei bedient man sich dann eben nur bei den Sims, die vom Konzept her der eigenen entsprechen: möglichst neue Sims mit möglichst viel und möglichst nicht zu altem Kram.

Als es noch einen beständigen Zustrom an Content gab, der aus Second Life geklaut wurde, gab es nicht wenige, die Freebie-Sim-Betreiber verbal attackierten, wenn die nicht mindestens wochenaktuell immer die neuesten Sachen in ihre Läden hängten – oder sogar dafür, daß sie überhaupt Artikel hatten, die älter waren als ein paar Wochen oder Monate.

Ich habe ja den Verdacht, daß so einige, die eigene Freebie-Sims aufbauen wollen, Copybot-Viewer installiert haben und damit ganze andere Freebie-Sims tutto kompletto abcopybotten. Nicht alle – ein beliebter Beweggrund, eine Freebie-Sim zu bauen, ist ja auch, Teile des eigenen Inventars auszulagern –, aber einige. Das geht schneller, als herumzulaufen und alle Items einzeln zu kopieren. Man hat ja keine Zeit, die Sim muß ja innerhalb von ein, zwei Nachmittagen eröffnungsreif sein. Deswegen verwenden auch fast alle die gleichen Gebäude, statt sich auf die Suche nach anderen zu machen oder gar, wie es früher üblich war, selbst welche zu bauen.

Deswegen werden die angebotenen Artikel auch einfach lieblos und fast ohne erkennbares Konzept gegen die Wände geballert. Die hängen dann so krumm und schief, wie die Straßenstücke verlegt sind, weil zum vernünftigen Ausrichten die Geduld nicht da ist. Es wird auch nicht darauf geachtet, ob man einen Artikel schon in dem Laden hat – oder an derselben Wand. Ich habe es schon oft genug gesehen, daß zwischen zweimal demselben Artikel an derselben Wand nur ein einziger anderer hing oder sogar zweimal derselbe Artikel direkt nebeneinander angebracht war. Und weil man keinen Bock hat, loszugehen und aktiv nach Content zu suchen, bleibt das Warenangebot von der Eröffnung bis zur Schließung meistens auch immer dasselbe.

Das eingangs genannte Problem kommt daher, daß Leute den Inhalt ihrer neuen heißen Freebie-Sim aus einer erst kürzlich neu eröffneten heißen Freebie-Sim holen, die ihrerseits ihre Ware aus einer anderen neuen heißen Freebie-Sim hatte, und so weiter und so weiter. Da kommt einfach selten neuer Content mit rein. Weil selten einer Bock hat, selbst mal aktiv nach Sachen zu suchen, die sonst keiner hat – jetzt erst recht nicht mehr, weil man nicht mehr für lau nach Sacrarium kommt, wenn überhaupt –, haben alle dasselbe.

Wenn schon nicht gecheckt wird, ob ein Artikel schon an der Wand hängt, bevor man ihn noch einmal an dieselbe Wand ballert, kann erst recht nicht erwartet werden, daß die Sachen mal überprüft werden, ob sie in Ordnung sind, geschweige denn wirklich kuratiert. Dafür ist die Zeit nicht da und die Menge an Artikeln zu groß. Klasse statt Masse. Soll der Kunde aussortieren. Der geht statt dessen nach OpenSimWorld und wertet die Sim für den Mist ab, den sie anbietet, oder dafür, daß man etliche Artikel überhaupt nicht mitnehmen kann.

Ein ziemlich eindeutiges Zeichen für Copybotting ist übrigens, wenn bei allem auf der Sim der Simbetreiber als Schöpfer eingetragen ist. Das ist zwar auch im God Mode per Hand hinzubekommen, aber eben aufwendig.

Zweitens: Anderer Content ist uralt, schwer zu finden oder beides

Wenn man mal andere Freebies haben will als die ganzen „Wir haben nur den ganzen neuesten heißen Scheiß“-Sims¹, dann muß man selbst in Second Life klauen gehen (was ich übrigens nicht gutheißen kann). Oder man nimmt wirklich Zeit in die Hand und geht auf die Suche. Da ist Detektivarbeit angesagt, und man braucht auch viel Glück. Wirklich weit verbreitet und damit leicht zu finden ist nämlich nicht viel, zumal vieles jeweils nur auf einer einzelnen unpopulären oder gar unbekannten Sim lagert. Und was leicht zu finden ist, ist „uralt“.

Linda Kellie

Einmal sind das natürlich die vielen Sachen von Linda Kellie. Über die werde ich irgendwann noch einmal separat schreiben. Aber die ist schon seit vielen Jahren ein weithin bekannter Name, und sie hat zeitweise über 30 Sims gleichzeitig auf demselben Grid betrieben, alle voll mit Full-Perm-Sachen und ausschließlich mit Sachen, die sie selbst gemacht hat. Darunter waren letztlich auch mehrere (!) Freebie-Sims, die vom angebotenen Content her zu einem großen Teil deckungsgleich waren. Linda hat nämlich neuen Content nie in schon existierende Sims gepackt, sondern so lange gesammelt, bis es sich lohnte, damit eine ganz neue, größere, bessere, schönere Freebie-Sim zu bauen. Einzig die Freebie Mall ist mal upgegradet worden, vor allem mit einem großen Anbau für mehr Möbel, und bei der Gelegenheit ist das Obergeschoß entfallen.

Seit 2015 gibt’s aber von ihr nichts Neues mehr. Damals fiel ausgerechnet sie der Panik angesichts der Jagd auf illegalen Content zum Opfer. Sie wurde aus OpenSim gemobbt, weil gewisse Leute darüber sauer waren, daß zahllose Freebie-Stores ihre schönen aus Second Life gecopybotteten Sachen gegen ausschließlich solche von Linda Kellie ersetzten. Einerseits waren sie damit auf der sicheren Seite, andererseits entstand so eine gefühlte Monokultur, weil Linda die einzige Schöpferin von legalem Content war, die zum einen bekannt genug war und zum anderen eine hinreichend große Angebotspalette hatte. Zumindest hatte sie es damals noch geschafft, mit Clutterfly ihre erste und einzige Sim mit Mesh-Sachen zu eröffnen.

Das Problem mit Linda Kellie ist, daß seit damals für viele ihr Name verbrannt ist. Die einzigen, die noch ihre Sachen auf ihren Sims aufstellen, sind die, die entweder von dem ganzen Drama nichts wissen oder nicht wissen, von wem das ist, was sie da aufstellen, oder die, denen das so egal ist, wie verbal dafür attackiert zu werden, Linda-Kellie-Sachen aufgestellt zu haben.

Selea Core

Einen ähnlich riesigen Output wie Linda Kellie hatte auch Selea Core. Wieviel das tatsächlich ist, ist gar nicht ersichtlich, weil sie alles fein säuberlich auf immer gleich illustrierte Kisten gezogen hat. Sie war aber spezialisiert auf Sim-Deko aller Art. Kaum einer hat ihre Sachen aufgestellt, denn zum einen wollten die ganzen Freebie-Store-Betreiber entweder Vollsortimenter sein oder Klamottenläden betreiben. Zum anderen ist Selea Cores Sortiment so gigantisch, daß man dafür alleine schon eine Riesenimmobilie braucht, um das anzubieten. Und so breiteten sich ihre Sachen kaum aus, weil die Leute natürlich immer nur das mitnahmen, was sie für den Eigenbedarf brauchten.

Eine Zeitlang fand man sie praktisch nur auf älteren Sims, aber inzwischen scheint es wieder en vogue zu sein, Selea-Core-Abteilungen oder -Läden zu haben. Es gibt sogar wie bei Arcadia Asylum Bestrebungen, irgendwann irgendwo endlich ihre gesamte Produktpalette zusammen zu haben. Auch Selea ist schon vor Jahren aus OpenSim und aus dem Internet im allgemeinen verschwunden, so daß erst kürzlich etwas ausgegraben werden konnte, was mal als Lizenz für ihre Produkte ansehen kann.

Hylee Bekkers

Hylee Bekkers war auch spezialisiert auf Sim-Deko. Der eine oder andere ihrer Läden existiert heute noch, aber auch da kriegt man nicht ihr ganzes Schaffen zusammen.

Taarna Welles

Taarna Welles ist im Gegensatz zu vielen anderen heute noch aktiv und betreibt ihr eigenes kleines Grid mit der legendären La Baronnie und der neueren Bekleidungssim Savvy. Sie startete ja mit Mesh erst richtig durch. Auch Taarna ist spezialisiert, aber auf ungleich populärere Sachen, nämlich Kleidung und Avataraccessoires.

Erstens kommt von ihr allerdings inzwischen nur selten neuer Content. Zweitens riggt sie ihre Sachen nicht für geklaute Bodys.² Die passen also nicht paßgenau auf z. B. eine Athena oder einen der anderen weiblichen Bodys, die auf eine irgendwann mal aus Second Life geklaute Maitreya Lara zurückzuführen sind. Das macht ihre Sachen „unbrauchbar“, weil fast alle weiblichen Avatare so einen Body haben, und daher unpopulär. Und drittens kommt noch erschwerend hinzu, daß sie mit Ausnahme der beiden Steampunk-Outfits nur Einzelitems oder Einzelsets anbietet. Ihre Sachen gibt's also nicht als praktische Verkaufsboxen, die man an Wände klatschen kann. Einzige Ausnahmen sind die senfgelben Poppy-Jeans- und Poppy-Ripped-Jeans-Boxen, die manchmal von Freebie-Sim zu Freebie-Sim kopiert werden, die hat aber jemand anders zusammengestellt. Ansonsten packt sich aus diesen genannten Gründen niemand ihre Sachen in die Freebie-Sim, weshalb sie ein Geheimtip bleibt.

Arcadia Asylum

Arcadia Asylum ist ein Sonderfall. Sie war auch bekannt als Aley Arai oder Aley Resident, denn eigentlich war sie in Second Life tätig. Bekannt war sie für gewisse Themenbereiche, etwa Piraten, Steampunk oder Ghetto. Irgendwann fand aber jemand, der sowohl in Second Life als auch in OpenSim war, ihre Sachen so toll, daß er sie fragte, ob er die mitnehmen kann nach OpenSim. Erst stimmte sie zu, dann ging sie selbst nach OpenSim, um ihre Produktpalette auch da selbst anzubieten. Lana's Place besteht übrigens aus modifizierten Arcadia-Asylum-OARs, deswegen wird so manch jemandem das Piratendorf auch bekannt vorkommen.

In Freebie-Sims findet man ihre Sachen deshalb nicht, weil sie dafür eigentlich gar nicht geeignet sind. Genau wie Selea Core war Arcadia Asylum ja auf Simdekor spezialisiert, aber im Gegensatz zu Selea hat sie sie nie auf Boxen gezogen, sondern immer so, wie sie waren, in die Sims gestellt. Niemand hat sich die Mühe gemacht, Arcadias Sachen doch noch zu verpacken und in Freebie-Stores zu hängen. Zum einen ist es nicht eben wenig, zum anderen würden kleine Bilder auf Boxen diesen Produkten eh nicht gerecht werden.

Bezüglich Lizenzen, unter denen Arcadias Kreationen stehen, weiß ich aber auch nichts.

Es gibt noch einiges mehr an entsprechendem Content. Der hat aber fast durchweg gemein, daß er zum einen schwer zu finden ist – auch weil man nirgendwo damit bombardiert wird, daß es ihn gibt – und zum anderen „uralt“. Und selbst wenn er nicht „uralt“ ist, packt sein Schöpfer ihn auf seine eigene Sim, macht dafür genau null Werbung – hat womöglich nicht mal ein OpenSimWorld-Beacon, weil er schlimmstenfalls noch nie auch nur von OpenSimWorld gehört hat – und wundert sich, warum niemand seine Sachen mitnimmt. Wie denn, wenn keiner weiß, daß die Sim und die Sachen existieren.

Drittens: Die No-Transfer-Seuche

Ein Großteil des OpenSim-eigenen Content hat aber abgesehen von seinem geringen Bekanntheitsgrad fast durchgängig eine andere Sache gemeinsam: Er wird nicht full-perm angeboten, sondern no-transfer und/oder gleich no-copy. Oder wenn es full-perm angeboten wird, steht im Readme-Beipackzettel, daß man die Sachen doch bitte, bitte, bitte nicht auf irgendwelche Freebie-Sims stellen soll – was möglicherweise darauf schließen läßt, daß der Ersteller nie verstanden hat, was no-transfer eigentlich ist.

Sehr viele Schöpfer wollen nämlich ihre Sachen exklusiv nur in ihren eigenen Läden anbieten, wie es ja in Second Life üblich ist. Wer sie da mitnimmt, darf sie nicht weitergeben und schon gar nicht in irgendwelche Freebie-Stores stellen.

Genau das würde eigentlich der Verbreitung ihrer Artikel ungemein auf die Sprünge helfen. Die meisten OpenSim-Nutzer sind nämlich zu bequem, um sich auf die Suche nach Sachen zu machen, die sonst keiner hat. Die bedienen sich lieber alle auf denselben Freebie-Sims, die gerade der heiße Scheiß du jour sind – und die alle dasselbe Sortiment haben, weil sie sich wie gesagt eh alle nur beieinander bedienen. Außerdem kennt sowieso fast niemand die kleinen schöpfergeführten Läden auf den obskuren Sims, wo es was anderes gibt als in den großen Freebie-Malls.

Die Schöpfer haben aber ihre Gründe, warum sie das nicht wollen.

Artikel aktualisieren kann man nur im eigenen Laden

Der beste Grund ist noch, daß sie ihre Sachen immer mal wieder aktualisieren. Dann nehmen sie die alte Version aus dem Laden und stellen eine neue auf. Die Artikel bei ihnen im Laden sind dann immer aktuell.

Wenn jetzt aber Hans und Franz die Sachen mitnehmen und auf ihren eigenen Freebie-Sims aufstellen können, liegt die Wahrscheinlichkeit, daß die nie aktualisiert werden, bei 100%. Zunächst einmal werden Freebie-Sims sehr häufig eh nur einmal gebaut und bestückt und nie auch nur erweitert, geschweige denn, daß einzelne Artikel aktualisiert werden. Noch dazu erfahren Hans und Franz meistens gar nicht, daß es neue Versionen von Artikeln gibt, die sie anbieten.

Krethi und Plethi wiederum klauen den Content für ihren Freebie-Laden bei Hans und Franz und wissen überhaupt nicht, woher Hans und Franz den Kram eigentlich haben. Natürlich sind in den Boxen Landmarks zu den Läden der Schöpfer drin. Aber Krethi und Plethi wollen ihre tolle neue Freebie-Sim schnell-schnell zusammenballern. Da interessieren sie sich einen Scheiß dafür, was in den Boxen ist. Es kommt tatsächlich immer wieder vor, daß völlig leere Boxen an den Wänden von Freebie-Läden landen, weil sich keiner die Mühe macht, seinen Content zu kuratieren.

Und noch häufiger kommt es eben vor, daß sich veralteter Content unkontrolliert im Hypergrid ausbreitet. Selbst auf relativ jungen Freebie-Sims taucht immer wieder die Box auf mit Áine Caoimhes Clubmaster Dance Machine 2.0. Aktuell ist die Version 2.1, und auch die ist schon einige Jährchen alt, denn Áine ist, soweit ich weiß, 2019 gestorben und kann seitdem nichts Neues mehr gemacht haben. Aber weil immer noch an vielen Orten die 2.0 ausliegt, nehmen diejenigen sie gern mit, die gar nicht wissen, daß es die 2.1 gibt. (Mir liegt eine 2.2 vor, ich weiß aber nicht, wie authentisch die ist.)

Oder man sehe sich die vielen Läden an, die noch Ruth 2.0 RC#2, RC#1 oder gar den Testrelease ausliegen haben, aber keine neuere Version. Dabei ist eigentlich sogar der RC#3 schon veraltet, seit im September 2020 Ruth2 v4 erschienen ist. Und die werden immer noch mitgenommen von Leuten, die gar nicht wissen, was die aktuelle Version ist – zumal die eigentlich aktuelle Ruth2 v4 sich nur sehr langsam in Freebie-Läden ausbreitet und auch nur in solchen, die Handverlesenes anbieten. Zugegeben, daß es die alten Ruth-2.0-Versionen noch gab, machte es mir erst möglich, sie für mein geplantes Museum zu beschaffen.

Wenn eine Freebie-Sim alt genug wird, wird das Problem natürlich um so extremer. Wie gesagt, viele Freebie-Sim-Betreiber bauen ihre Sim einmal und lassen sie dann für immer so. An den angebotenen Sachen ändert sich dann nie wieder etwas. Stößt man also auf eine vier Jahre alte Freebie-Sim, kann man davon ausgehen, daß der ganze Content mindestens so alt ist. Wenn er seitdem aktualisiert wurde, dann nicht auf dieser Sim.

Es ist also verständlich, daß Content-Schöpfer nicht wollen, daß das Hypergrid durchseucht wird von völlig veralteten Versionen ihrer Sachen. Und es ist klar, daß das nur verhindert werden kann, wenn nur die Schöpfer selbst ihre Sachen anbieten. Das Problem ist eben nur, daß sie das meistens tun in einem einzigen Laden auf einer Sim, die kein Schwein kennt. Auf Werbung haben sie nämlich keinen Bock.

Zeigen, daß man’s gemacht hat, indem man’s verkauft

Dann gibt’s aber auch die, die glauben, daß ihre Sachen nur dann mit ihnen als Schöpfer in Verbindung gebracht werden, wenn sie sie selbst anbieten. Wenn ihre Sachen in irgendeiner Freebie-Sim liegen, erfährt das keiner.

Das klingt erst mal nach Kokolores. Es gibt viele Wege zu zeigen, daß man der Schöpfer ist. Man kann z. B. im Untertitel der Box oder des Artikels seine Schöpfer-Credits hinterlassen. Die liest dann jeder schon beim Mouseover (sofern der Viewer entsprechend eingestellt ist, aber Firestorm ist das standardmäßig) und weiß, von wem etwas ist.

Aber es gibt Freebie-Store-Betreiber, die löschen das raus oder ersetzen es. So manch ein nicht englischsprachiger Ladenbetreiber schreibt ja alles in seiner Muttersprache um – besonders oft Italienisch und Portugiesisch –, damit seine Muttersprachengenossen das besser verstehen. Und wenn er keinen Bock hat, den Untertitel umzuschreiben, dann löscht er ihn ganz, weil er ihn als unnötig ansieht.

Dann kann man noch Readme-Notecards und/oder am besten noch Landmarks zum eigenen Laden beilegen.

Zum einen aber: Nach so etwas gucken die Leute nur, wenn es in einer Box ist. In einem Kleidungsstück, einem Möbelstück oder einer Pflanze wird das also keiner finden. Zum anderen ist es eine beliebte Unsitte unter Freebie-Anbietern, dann doch mal die Boxen alle aufzumachen und alles rauszuschmeißen, was für den Kunden nicht direkt von Nutzen ist – Texturen, Notecards, Landmarks und so weiter. Wenn es also eine Kiste mit Klamotten ist, fliegt alles raus, was nicht an den Avatar gehängt werden kann, weil „stört nur“ und „müllt den Assetserver voll“. Die so modifizierten Boxen wandern von Freebie-Sim zu Freebie-Sim, und keiner erfährt mehr, woher die Sachen eigentlich sind.

Es gibt aber immer den Creator-Eintrag. Da steht man eh immer drin. Oder sollte man zumindest.

Zum einen aber steht man da nur dann wirklich drin, wenn der eigene Avatar auf dem Grid, wo der Freebie-Laden steht, bekannt ist. Und wenn der Freebie-Laden auf einem ganz neuen Grid steht, wo man noch nie war, dann steht man da eben nicht mit Namen drin, sondern dann steht da gar nichts. Und zum anderen gibt’s die Schweine, die ihren God Mode ausnutzen, um sich selbst bei allen Freebies als Schöpfer einzutragen. Beim Copybotten wird eh automatisch als Schöpfer der Name des Copybotters eingetragen.

Letzte Konsequenz wäre, den eigenen Namen auf die Box zu schreiben.

Erstens ist das aber kein guter Stil, außer man hat einen coolen Markennamen. Zweitens gibt’s nicht alles in Form einer Box, wo man seinen Namen draufschreiben kann, und nicht jeder hat Lust, z. B. seine Klamotten mit seinem Logo zu „verunstalten“, oder überhaupt auch nur ein eigenes Logo. Und drittens – selbst wenn es eine Box gibt, gibt es immer noch die schwarzen Schafe, die meinen, die Box Art komplett neu machen zu müssen. Und wenn die so verunstaltete Box – die Ersatz-Box Art wird meistens mit sehr geringem Aufwand in z. B. MS Paint zusammengefrickelt – zufällig auf einer sehr populären neuen Freebie-Sim landet, breitet sie sich von da auf alle möglichen anderen neuen Freebie-Sims aus.

Beides kann man eben nur versuchen zu verhinden, indem man die Verbreitung der eigenen Artikel in Freebie-Läden verhindert. Damit verhindert man aber die Verbreitung der eigenen Artikel an sich, wenn sie nicht auf Sims zu finden sind, die die Leute auch kennen. Wer dann jammert, daß die Leute statt der schönen legalen Sachen, die man selber macht, nur aus Second Life geklaute Sachen verwenden, geht das Thema vom falschen Ende her an.

Eine Win-Win-Lösung

Die Lösung wäre: Präsenz zeigen! Einmal geht das mit Werbung. Erst letztes Jahr hat Aaack Aardvark OpenSimWorld entdeckt. Prompt hat er da seinen schon einige Jahre alten legendären Arcadia Shop eingetragen – und obendrein für jeden einzelnen angebotenen Artikel einen Werbepost gemacht. Jeden Tag einen. Die Popularität seines Ladens dürfte immens gestiegen sein, auch wenn es Leute geben dürfte, die sagen: „Was? Keine aus Second Life geklauten Rigged-Mesh-Klamotten für Athena? Uninteressant! Saftladen!“ Aber vorher war der Arcadia Shop ein Geheimtip, den man nur zufällig fand.

Was auch gut geht, ist, nicht nur einen Laden zu betreiben, schon gar nicht nur einen Laden auf einer Sim, die keine Sau kennt. Man muß dafür auch nicht Linda-Kellie-mäßig etliche eigene Sims bauen. Es gibt ja Freebie-Malls, in denen man Ladenfläche anmieten kann. Die Wright Plaza im OSgrid ist die Mutter aller solchen Sims mit Dutzenden Läden, die alle unterschiedliche Betreiber haben und obendrein keine Mietfristen, die alle Naselang verlängert werden müssen. Da ist Aaack Aardvark auch schon lange mit der einzigen Filiale des Arcadia Shop vertreten, die natürlich auch auf den Hauptladen hinweist. Viele haben ja erst über die Wright Plaza überhaupt vom Arcadia Shop erfahren. Und die Wright Plaza ist echt gut besucht, gerade weil man da nicht denselben Krams findet wie sonst überall – und obendrein nichts Illegales aus Second Life.

Inzwischen gibt es einiges an Freebie-Malls mit zu vermietenden Leerständen. Das heißt, das Konzept gibt’s eh schon lange, aber bis ca. 2020 waren die meisten dieser Malls auf kommerziellen Grids zu finden und verlangten Geld für das Anmieten eines Ladens. Das war dann natürlich nur interessant für Anbieter von Payware, die ihren Laden damit hätten finanzieren können. Und davon gibt’s nicht viele außerhalb von Kitely.

Aber wie auch das Angebot an kostenlosen Wohnparzellen wieder steigt – auch für Avatare, die nicht auf dem jeweiligen Grid zu Hause sind –, finden sich mehr und mehr Freebie-Malls bzw. -Sims, wo man kostenlos Ladenfläche mieten kann, entweder über eine Rentbox oder per schriftlicher Absprache mit dem Simbetreiber und dann häufig sogar unbefristet. Diese Sims sind dann auch (idealerweise) in OpenSimWorld unter „Freebies“ oder unter „Mall“ eingetragen und werden teilweise auch innerhalb ihres Grids zusätzlich beworben.

Gleichzeitig bieten die Simbetreiber selbst auf diesen Sims mitunter auch noch die übliche Standardware an Bekleidung und Avatarausstattung an. All Free Shopping Spree funktioniert so. Die Leute kommen also für das, was sie gewohnt sind, und gucken sich dann auf der Sim um, was es denn da sonst noch so Schönes gibt. Und wenn jetzt Content-Schöpfer auf solchen Sims Ladenfilialen betreiben, dann entdecken die sich Umguckenden sie schnell – schneller, als wenn sie erst lange im Hypergrid nach ihnen suchen müßten. Siehe da, da gibt’s nicht nur Schönes, sondern Schönes, was man noch gar nicht kennt.

Für Content-Schöpfer hätte das zwar den Nachteil, sich um mehr als nur einen Laden kümmern zu müssen. Als Vorteil nimmt man aber mit, schneller entdeckt und damit populärer zu werden. Mir kann kein Content-Schöpfer mit eigenem Laden erzählen, daß er einfach nur gern Sachen macht und es ihm piepegal ist, ob irgendjemand das haben will. Dann bräuchte er den Laden nicht und könnte mit seinen Schöpfungen einfach nur seinen Avatar und/oder seine Sims ausstatten.

Für die Betreiber von Freebie-Malls hätte das auch einen Vorteil: Sie hätten damit in ihrer Mall Sachen, die andere Freebie-Sims nicht haben. Und zwar direkt vom Ersteller. Und obendrein damit legal (sofern der „Ersteller“ nicht selbst nur klaut, aber viele Malls lassen sowas gar nicht erst zu, etwa auf Craft-World). Und oft auch aktueller, denn während, wie ich schon schrieb, die durchschnittliche vom Erbauer bestückte Freebie-Sim mit demselben Kram wie alle anderen einmal gebaut und dann für immer so gelassen wird, halten Content-Schöpfer ihre Läden immer schön auf dem neuesten Stand. Da muß sich der Sim-Betreiber nicht mal selbst drum kümmern, das machen nämlich die Ladenbetreiber.

Ich meine, was macht denn eine Freebie-Sim populär? Dasselbe Zeug wie alle, aber „in meinem Grid“? Relativ unwichtig außer für die wenigen, die sich standhaft weigern zu hypergridden. Dasselbe Zeug wie alle, aber schicke Gebäude? Meh. Schick ist Ansichtssache, außerdem hat eh kaum einer irgendwelche spektakulären Eigenbauten. Statt dessen stellen sich alle dieselben Kästen hin. Dasselbe Zeug wie alle, aber man kennt den Chef? Da geht man doch eigentlich nur hin, um dem Chef einen Gefallen zu tun.

Nein, was wirklich zieht, ist, etwas anzubieten, was es eben nicht überall gibt.

Oder warum ist die uralte Wright Plaza, auf der obendrein nichts aus Second Life stammt und vieles noch nicht mal Mesh ist, immer noch die populärste Mall auf OpenSimWorld? Warum wird sie im Gesamtranking fast nur von Freebie-Sims übertroffen, die sich mit nicht als solchen eingetragenen NPCs oder ständig anwesenden AFK-Avataren nach oben schummeln?

Sie hat zwar nicht den neuesten heißen Scheiß aus Second Life, der von 2015 bis 2020 die Leute in Scharen auf die Freebie-Sims gelockt hat. Aber neuen heißen Scheiß aus Second Life gibt es eh nicht mehr flächendeckend. Dafür hat sie Unmengen an durchaus geilem Content, den die „aktuellen“, rein vom Betreiber befüllten Freebie-Sims nicht haben. Und den tragen nicht die Betreiber in die Plaza, sondern andere Nutzer. Die tun das überwiegend, indem sie einen Laden auf der Wright Plaza betreiben.

Mit mehr Malls nach diesem Franchise-Prinzip, die also Ladenflächen anbieten, und mehr Bereitschaft von Content-Schöpfern, da Filialen aufzubauen, könnte man drei Probleme auf einmal lösen: Freier, legaler Content aus OpenSim für OpenSim würde bekannter werden und eine größere Verbreitung finden. Kreative User kämen leichter an Ladenflächen, als wenn sie sich eine ganze Sim bauen müßten. Und die heutzutage fast alle austauschbaren neuen Freebie-Sims würden wieder interessanter und individueller.

¹Wobei es das eigentlich nicht mehr gibt, seit The Harbor nicht mehr alle paar Tage neue „Stuff“-Boxen mit fast tagesaktuell aus Second Life gecopybotteten Sachen aufgestellt hat, über die sich bis dahin alle gierig hergemacht haben. Wohlgemerkt, wer nicht selbst in Second Life war, konnte auch nicht sagen, wie alt die Sachen in neuen „Stuff“-Kisten tatsächlich waren. „Stuff“ enthält ja keine Verkaufsboxen für Läden, sondern lauter Einzelitems, die auch nicht groß kuratiert wurden. Als die gecopybottet wurden, konnten die durchaus schon ein paar Jährchen in der beklauten Region gestanden haben, nur daß sie eben noch nicht in OpenSim waren. Wahrscheinlich wurde nur alter Prim-Kram rausgeschmissen, weil ja alle nur geil auf Mesh waren.

²Taarnas Herrenkleidung ist für den Systembody geriggt, ihre Damenkleidung für Ruth 2.0.

#Kolumne #FürFortgeschrittene #OpenSim #Sim